- GMDS - Die verschlungenen Wege der Jahrestagungen |
Köhler, C.O.
1. Einleitung
Die GMDS lebt unter anderem - oder gar in erster Linie? - durch ihre Jahrestagungen. Wie kommen die Orte der Jahrestagungen zustande oder welche Überlegungen werden angestellt, um die Tagungsorte festzulegen bzw. den Weg oder die Wege zwischen den Jahrestagungen zu bestimmen? Diese Frage soll im folgenden wissenschaftlich untersucht und beantwortet werden.
2. Methodik
Als jemand, der sich einbildet ein ernsthafter Wissenschaftler zu sein, muß man sich natürlich auch ernsthaft mit der einzusetzenden Methode beschäftigen, bevor man eine Untersuchung in Angriff nimmt.
Im Titel sind zwei verschiedene Begriffe verwendet (oder implizit verwendet), die man zur methodischen Untersuchung definieren muß, 'Weg' und 'Städtenamen'. Der Weg kann definiert werden als 'Strecke zwischen zwei Städten'. Damit müssen nur noch die Städtenamen definiert werden. Als einfachstes Verfahren bietet sich hier die Verschlüsselung nach Autokennzeichen an. Erstens sind diese ein-eindeutig (mit der einzigen Ausnahme von 'L' mit bisher noch zwei Bedeutungen), zweitens sind sie allgemein bekannt, und drittens habe ich sie schon einmal in einem Vortrag verwendet (MI = Milano = Medizinische Informatik) - Wiedersehen macht Freude.
3. Das neueste Beispiel
Der Weg der GMDS-Jahrestagung 1993 in Lübeck nach Dresden, wo sie 1994 stattfindet, führt über Heidelberg. Beweis:
HL
HD
DD
Man ist in zwei Schritten durch jeweils einen Austausch eines Buchstabens am Ziel. Diese Iteration ist natürlich nur ein Ausdruck des allgemeinen guten Trends der Beziehungen zwischen alten und neuen Bundesländern, Beweis:
Bundeskanzler zu Biedenkopf,
Baden-Württemberg zu Sachsen,
Heidelberg zu Dresden.
Eigentlich war einmal geplant, den Weg genau anders herum ablaufen zu lassen, nämlich Dresden -> Lübeck, aber der Theorie tut das ja keinen Abbruch. Ob man diesen anderen Ablauf in Lübeck allerdings so gern gesehen hätte wie jetzt diesen realisierten in Dresden, müßte gesondert untersucht werden.
Der nach Dresden nächste Tagungsort nach Dresden müßte (wieder mit der Zwischenstadt HD) somit Hildesheim und der übernächste Erding (ED) sein, wenn meine Theorie stimmt. Was uns wieder nach Bayern führt. So kann man dann sehr einfach all die nächsten Tagungsorte bestimmen.
Was ist dran an unserer Affinität zu Sachsen und zu Dresden?
Kohl hat sich auch einmal gewünscht, den Biedenkopf möglichst weit weg an die polnische Grenze zu verdammen, lokalisationsmäßig ist ihm das auch gut gelungen, aber sonst.....?
Baden-Württemberg wollte sich im Freistaat Sachsen einen Partner sichern, daß daraus sehr schnell ein ernsthafter Konkurrent geworden ist - oder gerade wird - konnte man schließlich nicht ahnen. Die Affinität Heidelberg zu Dresden liegt auf der Hand - da hat man von seiten Heidelbergs doch lieber zu Bautzen gegriffen, da existiert nicht so ein großes kulturelles Übergewicht von seiten des östlichen Geschwisters. Aber die beiden Universitäten Heidelberg und Dresden haben natürlich ein herzliches Verhältnis zueinander (selten so gelacht).
In der MI sieht das selbstverständlich hervorragend aus, der Dresdner Lehrstuhlinhaber (Kunath) hört so auf, wie der Heidelberger (Haux) anfängt. Wenn das nicht eine gute Kooperationsvoraussetzung ist? Treffen tun sich beide beim Obstler, buchstabieren beide den Apfel nur auf englisch. Es gibt noch mehr Ähnlichkeiten, Gleichheiten oder andere Verbindungen zwischen den Lehrstuhlinhabern: beide sind männlich, beide sind verheiratet und haben mindestens ein Kind, beide reichen mit beiden Beinen bis auf die Erde, beide sprechen deutsch gut (der eine ist nämlich kein Sachse von Geburt, der andere erst recht nicht). Beide bemühen sich um die Zukunft der MI, die Betonung liegt auf bemühen.
4. Wie sieht es mit meiner Theorie in früheren Jahren aus?
Wenn man die Kette der Städte an sich vorbeiziehen läßt, in denen die Jahrestagungen der GMDS abgewickelt wurden, fallen doch wieder Zusammenhänge auf, die vielleicht nicht genau der oben abgehandelten Theorie entsprechen, die aber in diese eingepaßt werden können, wie man das so macht in der Wissenschaft.
Von Mainz nach Lübeck, der 'Tagungststrecke' 92-93, erscheint auf Anhieb eine Verbindung ohne Hintergrund, wenn man nicht die Zeile eines Volkslieds '... von der Etsch bis an den Belt' heranzieht, da liegen die beiden Städte so richtig im goldenen Schnitt dazwischen. Apropos Goldener Schnitt, wer den Lehrstuhlinhaber MI in Lübeck und den dortigen ehemaligen Finanzdirektor des Klinikums kennt, wird wissen, daß die Medizinische Akademie Lübeck hier einen Goldenen Schnitt gemacht hatte.
Was steckt auf diesem Weg von MZ nach HL sonst noch an Besonderheiten, die hier angeführt werden müssen? Die Summe der ersten Buchstaben M plus H ergibt U. U ist der erste Buchstabe des Kennzeichens der Stadt Unna, und Unna liegt genau auf der Hälfte der direkten Verbindung Mainz-Lübeck. Man glaubt gar nicht, was sich die GMDS so alles überlegt, wenn sie einen Tagungsort festlegt.
Der Weg im davor liegenden Jahr von München nach Mainz ist natürlich ganz einfach zu erklären, er führt über Heidelberg und ohne Heidelberg geht fast gar nichts. Außerdem diente es der Einfachheit, man brauchte dem M nur noch den letzten Buchstaben hinzuzufügen, das rundet dann die Entscheidung so schön ab. Denn es gilt die Formel 2xM=Z. Des weiteren schreiben sich beide Städte mit einem Umlaut (ü bzw. ä).
Hinzu kommt, daß immer nach zwei närrischen Städten - München und Määänz - zwei seriöse Städte, wie Lübeck und Dresden, folgen müssen, sonst wird das mit der MI noch zu närrisch. Einmal - 62 bis 64 - gab es mit Mainz, Köln und Bonn aus Versehen sogar drei närrische Städte nacheinander. Diesen Ausrutscher konnte man nur mit Berlin als dann nächsten Tagungsort wieder ausbügeln. Insgesamt waren es aber zum Glück für die MI nur genau ein Drittel (13 von 39) närrische Städte. So ganz richtig hat man also in der GMDS dieses Strukturprinzip doch nicht durchgehalten.
Offensichtlich ein Politikum: Allein 12.8 % aller Tagungen fanden in Berlin statt, das ist vielleicht nicht weiter erstaunlich, aber daß nach Berlin zu zwei Dritteln der Weg nach Bayern führte, kann nur als eine Art Wiedergutmachung gesehen werden. Daß zu zwei Dritteln der Weg nach Berlin aus dem Rheinland kam, muß mit dem oben schon erwähnten närrischen Ausgleich in Verbindung stehen. Die letzte Berliner Tagung machte dabei allerdings eine Ausnahme, in administrativer Hinsicht, sie knüpfte nahtlos an das närrische Treiben im Rheinland an.
Nach Tagungen in Göttingen, Mainz und München, wo allein fast ein Viertel aller Jahrestagungen durchgeführt wurden, begab man sich überwiegend nach Köln. Offensichtlich war das Verlangen nach weiterem närrischen Treiben doch noch übermächtig. Man kam zu diesen drei Städten überwiegend aus Berlin, auch kein Wunder - wer Berlin kennt? Die Summe der Kennzeichen der Städte, die vor Berlin Jahrestagungen ausrichteten, beträgt 69 - wieder Heidelberg - Postleitzahl (natürlich). Die Summe der Kennzeichen der Städte, die nach Berlin dran waren, entspricht der einfachen Binomialreihe 1-2-1. An was die aber auch alles gedacht haben? Alle diese Fakten sind sehr einfach nachzurechnen, ich bin schließlich Wissenschaftler.
Nach schrittweiser Differenzenbildung (jeweils absoluter Wert) der Postleitzahlen aller Städte der Jahrestagungen hintereinander - die Differenz zwischen zwei Punkten auf der Landkarte bildet schließlich den zurückgelegten Weg - ergibt sich nach dem 24. Schritt eine Reihe aus 13 Nullen. Hier muß man allerdings fragen, ob das von der GMDS so angepeilt war, vielleicht war hierbei doch eher der Zufall am Werk. Aber davon lebt ja nun wiederum mindestens die Hälfte der gesamten GMDS. Jedenfalls ist dieser Zufall schon fast ein Wunder, aber auch das soll bei der GMDS schon passiert sein - z.B. nun doch die Vergabe der 94er Tagung nach Dresden - sonst wäre nämlich dieses schöne Modell nicht aufgegangen.
Rücksicht auf die Geometrie hat die GMDS erst in den letzten 5 Jahren genommen. Die Verbindungen der Orte von 1990 bis 1994 ergibt fast ein Fünfeck - Berlin - München - Mainz - Lübeck - Dresden. Das Fünfeck und die Zahl 5 spielen in der Mystik eine große Rolle. Sollte sich die GMDS gar wieder auf ihren Ursprung zurückbesinnen? In der Vergangenheit hat man nämlich allenfalls schnöde Dreiecke zustande gebracht. Dreieck kann jeder, aber Fünfeck ist das Verdienst der beiden letzten Präsidenten.
Mit Volksverbundenheit hatte die GMDS natürlich auch nichts am Hut, man stellte das ironischerweise geradezu auf den Kopf. Die Zeile aus dem Volkslied 'bald gras ich am Neckar, bald gras ich am Rhein' wurde so interpretiert, daß man früher einmal von Mainz nach Heidelberg zog. Diese Feinheiten muß man erst einmal erkennen!
Ein letzter Versuch die Dunkelheit um die verschlungenen Wege der Jahrestagungen unserer Gesellschaft zu erhellen: Natürlich kämen hier politische Ansätze in Betracht. Vor langer Zeit gab es einmal schon den Weg von Bonn nach Berlin, das könnte ein wichtiger Schritt gewesen sein. Wie ist aber dann der Weg von Hannover nach Göttingen zu erklären? Da muß wohl ein großes Mißverständnis geherrscht haben. Das war auch das einzige Mal, daß zwei Jahrestagungen hintereinander im gleichen Bundesland abgehalten wurden. Offensichtlich darf man sich nach einer Jahrestagung so schnell nicht wieder im gleichen Bundesland sehen lassen.
Ein politischer Ansatz ist allerdings sichtbar, von den 39 Tagungsorten liegen nur 3 oberhalb der Achse Berlin - Hannover - Aachen. Also auch hier ist das Nord-Süd-Gefälle deutlich sichtbar. Die Abstände zwischen diesen 3 Tagungen in nördlichen Orten sind mit 11, 15 und 11 Jahren auch auffällig groß.
Eine Korrelation mit der Couleur der jeweiligen Landesregierungen ließ sich nicht feststellen, offensichtlich ist die GMDS stabiler und beharrlicher als das Wählerverhalten bei Landtagswahlen. Es ist auch nicht zu beobachten, daß nach der jeweiligen Jahrestagung die Mehrheiten in den Landes-Parlamenten wechselten, wie böse Zungen zu behaupten wagen. Eine Besonderheit ist vielleicht erwähnenswert: Vor der Jahrestagung in Berlin 1961 hat die DDR schnell die Mauer gebaut.
Manchmal hat die GMDS übrigens auch aufgrund der Persönlichkeit oder der Persönlichkeiten am Ort die Jahrestagungen vergeben. |