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25 Jahre MI in Heidelberg/Heilbronn
Sinn und Unsinn der Medizinischen Informatik
Dresden - Musik - Medizinische Informatik
Bedeutung des Überlochs in der Medizinischen Dokumentation
- GMDS - Die verschlungenen Wege der Jahrestagungen


Claus O. Köhler
Grünlingweg 1
69168 Wiesloch
tel 06222-53720
eMail c.o.koehler@dkfz-heidelberg.de



25 Jahre MI in Heidelberg/Heilbronn

Im Januar 98 war es so weit, das Silberne Jubläum des Fachbereichs MI wurde gefeiert. Für mich ein Anlaß, eine Jugendsünde wieder aufzugreifen, nämlich, einen Bericht über die Veranstaltung in einer sehr subjektiven und persönlichen Art zu produzieren. Ausgelöst wurde diese Sünde durch die neueste MI-Zeitung, in der mein Bericht über die GMDS-Tagung in Göttingen (lange her) noch einmal abgedruckt war. Das hat mir wieder Mut gemacht, es noch einmal zu versuchen, da einige Leser offensichtlich doch Gefallen an dieser Art gefunden hatten. Im Gegensatz zu früher bin ich heute noch subjektiver und indivudueller, nachdem ich erkannt habe, daß menschliche Beziehungen immer und ausschließlich subjektiv und individuell sind. So in der Medizin, so auch in der MI. Übrigens, fast alles am Anfang des zitierten Artikels kann immer noch über heutige Tagungen generell gesagt werden.

Was gibt es über die gehabte Veranstaltung zu berichten, was nicht das Übliche einer solchen wäre? Man kennt schließlich Reden dieser Art zur genüge. Selbst wenn es nur das gewesen wäre, als Betroffener hört man es eben immer wieder gern. Wie sagte schon Tucholsky: ‘Bei Schmeicheleien und Komplimenten lohnt es sich immer, zwei bis drei Nummern höher zu greifen, als man es im äußersten Falle für möglich hält.’ Aber es war mehr, man hatte wirklich bei mehreren der Laudatoren das Gefühl, sie meinten es Ernst, und diese die persönlche Betroffenheit auch zum Ausdruck gebracht haben. Der Begriff ‘Betroffenheit’ ist per se nicht negativ besetzt, man kann sehr wohl sehr positiv betroffen sein. Von Politikern kann man das sicher nicht immer erwarten, sie wären sonst wohl kaum in der Lage, ihren Job zu tun. Überall betroffen zu sein ist tödlich.

Inzwischen hat es wohl auch die überwiegende Mehrheit in der Medizinischen Fakultät in Heidelberg nicht nur begriffen sondern auch verinnerlicht, daß die MI wirklich in der Lage ist, bei der Lösung der medizinischen Probleme zu helfen. Die Zeit der Lächerlichkeit (1. Stufe) und der Angstauslösung (2. Stufe) der MI für die Medizin ist vorbei. Sogar die Zeit der hypertrophierten Erwartungen von dieser Seite (3. Stufe) ist Vergangenheit, genau so wie es auf Seiten der MI Vergangenheit ist, an die gelösten Probleme der Medizin zu glauben. Wir brauchen uns gegenseitig - die MIler als (potentielle) Patienten - Ärzte werden nie krank: All das konnte man, wenn man hellhöhrig (kommt von Hellerich) zwischen den Zeilen zu hören versteht, heraus hören. Was wäre die MI in Deutschland ohne Hellerich? Wir würden uns immer noch um die grundsätzlich Frage streiten, ob die MI nun eine post-graduierte Ausbildung oder ein primäres Studium ist. Wer sich an die Zeiten dieser Diskussionen noch erinnern kann, ist alt, und sollte eigentlich so langsam den Mund oder den Computer geschlossen halten. Man darf diesen Rat allerdings ignorieren, wie man hier liest.

Die nationalen und die internationalen Fachgesellschaften gaben sich die Ehre zu dieser Feier in hochkarätiger Abordnung, wenn schon nicht Präsident (IMIA und BVMI), dann zumindest Vizepräsident. Natürlich war die Konstellation der Amtsbesetzungen gerade richtig, denn der Präsident der IMIA ist z.Z. Otto Rienhoff, ein Deutscher, wie man weiß, und der Präsident des BVMI ist ein MIler, Peter Haas. Der Vizepräsident der GMDS ist zumindest Baden-Württemberger, Rüdiger Klar, und das ist doch auch schon was. Eine Bemerkung des IMIA-Präsidenten sollte nicht einfach abgetan werden, sondern hier sehr ernsthaft hervorgehoben werden, wo ist unser Nachwuchs, bzw. auch schon die 2. Generation, im Auslandsgeschäft?

Nach alter Tradition  - also zum 2. mal nach 1992 - wurde wieder die Ehrenmedaille der FH vergeben, an einen der sie nicht erdinnert, nicht erdienert sondern erdient (auch von Tucholsky) hatte, an den alten Haudegen (ich darf das schreiben, er war übrigens auch schon als jüngerer Wissenschaftler ein Haudegen) Carl-Theo Ehlers. Hat er sich diese Medaille nun er- oder verdient als Haudegen, der heute noch den Mund aufmacht, wenn er eine Entwicklung für falsch hält (in seiner Erwiederung auf die Laudatio - von dem MIler Reinhold Haux - war er fast nicht wieder zu erkennen, so zahm war die), oder hat er sie verdient, weil er sich speziell um den Fachbereich in HD/HN bemüht hat. In seinem Fall muß man beides konstatieren. Zum Glück gibt es Leute wie Ehlers noch - aber wo ist der Nachwuchs?

Die oben angesprochene mangelnde Internationalität fand sich dann im reversen Sinne beim Festredner wieder. Es war Jan van Bemmel aus Rotterdam, den man dann auch ehrend als ‘Jan van Rotterdam’ apostrophierte. D.h. Die internationale ehrenwerte Gesellschaft hällt es auch für oportun, sich in HD/HN sehen zu lassen. Wer Jan kennt, weiß auch, daß er persönlich gern bei uns ist. Es ist auch bei Ausländern nicht gerade Gang und Gäbe so gut deutsch zu sprechen. Man wünscht manchem Professor der MI auch nur einen Teil dieser Gabe des Vortrags in ihrer Muttersprache. Es war jedenfalls ein Genuß. Wer mehr wissen will, soll demnächst gefällig selbst kommen.

Das herausragende Rahmenprogramm war ein Bläserquintett (2 Trompeten, Posaune, Horn, Tuba) mit einem - zumindest für ältere - ans Gemüt gehenden Programm. Für Ältere? Ich glaube nicht, daß es noch viele Jüngere gibt, die die feine Art der Verbindung von klassischen Jazz und Klassik erkennen und zu würdigen wissen. Das junge Quintett bestand praktisch aus lauter Solisten, aus denen insbesondere der Posaunist und die Trompeterin hervorstachen. Was hat wohl Blasmusik mit MI zu tun? Blasmusik ist meistens Marschmusik (When the Saints go ....), vielleicht wollten die Organisatoren irgend jemand ernsthaft den Marsch blasen? Wer kann damit wohl gemeint gewesen sein?

Die Musik war jedenfalls dem restlichen Programm der Festveranstaltung zumindest gleichwertig, auch diese Aussage ist sicher schon wieder eine Frechheit, Jan, ich bitte Dich um Verzeihung. Es gab aber auch noch mehr im Rahmenprogramm, z.B. 3 Vorträge aus dem Leben gegriffen. Dieser Teil des Tages war von den Studenten organisiert, die mit der Zusammenstellung offensichtlich berechtigt ihren Professoren zeigen wollten, was die alles nicht wissen, oder zumindest nicht von sich geben. Ich nehme mich von dieser Schelte nicht aus. Eines stellte sich dabei heraus, daß wir mit Herrn Dietzel im Gesundheitsministerium mehr als nur einen Fuß in der Tür haben. Mit wir ist hier die MI gemeint, nicht der Professor X oder Y, die auf diesem Sektor ruhig ein bißchen aktiver sein könnten. Das Gesundheitsministerium ist nämlich kein Ministerium für die Krankenhäuser, Ärzte, Professoren usw., sondern ein Ministerium für die Menschen, insbesondere für die kranken Menschen. Herr Dietzel hat sehr wohl verstanden, daß die MI auch für die Menschen insgesamt und nicht nur für diverse Zeitschriften, Kongresse, Krankenhäuser und Fördereinrichtungen (von der EU bis zur DFG) zuständig ist. Die beiden anderen Vorträge kamen aus der Ärztekammer Baden-Württemberg (Erens) über das DGN und aus dem DKFZ (Engelmann) über Teleradiologie.

Es gab auch eine Ausstellung mit Arbeiten aus dem Fachbereich, die sicher bei den vielen wichtigen persönlichen Gesprächen viel zu kurz gekommen sind. Wann sollte man denn eigentlich eine derartige Show machen, wenn nicht zu einem solchen Ereignis? Vielleicht einfach die Einladungen auf eine oder zwei Stunden vorverlegen und erst nach dem Eintreffen das endgültige Programm verteilen.

Betrachtet man den ganzen Tag als Schalenmodell. dann war sicher auch die äußere Schale ein Gewinn, das Wiedersehen mit alten Bekannten, Freunden, Diplomanden, Doktoranden, usw. auf dem Stehempfang im Anschluß an den Festakt. Insbesondere muß man hier die beiden ‘Väter’ der MI in HD/HN nennen, die Professoren Hellerich und Kuhn. Beide beneidenswert vital und munter, ich möchte noch viele 5-Jahres-Jubiläen mit ihnen erleben.

Die Studenten, die schon sehr aktiv in die Organisation und Ausrichtung des Tages integriert waren, haben dann anschließend noch eine Fete veranstaltet, auf der sie auch den einzelnen Dozenten (nicht allen, echte Diskriminierung!, einige waren auch einfach nicht da, Häme!) beziehungsreiche Geschenke gemacht haben. Der ‘rege’ Besuch hat sicher nichts mit der Bedeutung der MI in der FH zu tun.

Und nun? Wird sich mancher am Ende des Tages gefragt habe. Übergang zur Tagesordnung? Business as usual? Gibt es nicht doch eine Quintessenz? Für mich schon: 1. Wieder Aufgreifen einer Tradition aus den 70er Jahren: Halb-organisierte Treffen von Dozenten, Absolventen und Studenten. Der Bedarf ist da, wie es am 16.1.98 zu erleben war. Aber, wie geschrieben, ‘halb-organisiert’, der Spontanität und der Improvisation muß Platz gelassen werden. Damals waren sie ganz organisiert, und das war auch schon sehr gut. 2. Beim 30-jährigen ein bißchen länger, und mehr Platz zum miteinander Reden lassen, und sitzen lassen - gebt den Älteren eine Chance und den Rollis (es waren immerhin 3) die Möglichkeit, nicht nur Bäuche und Ärsche zu sehen.

Claus O. Köhler